Barrierefreiheit im Internet: Pflicht ab 2025

Ja, Sie haben richtig gelesen. Barrierefreiheit wird im Internet ab 2025 Pflicht. Bevor Sie Panik bekommen: Nicht für alle Unternehmen. Und nicht für alle Websites oder Web-Apps. Grundsätzlich ist vorerst auch nur der B2C-Bereich zur Barrierefreiheit verpflichtet. (Aber dazu weiter unten mehr.)

Zwei Mitarbeitende von disphere nehmen an einem Team-Meeting teil
Lesezeit

9 Minuten

Wussten Sie, dass …

laut dem Statistischen Bundesamt in Deutschland mehrere hunderttausend Menschen mit Einschränkungen (z.B. beim Hören, Sehen oder Verstehen) leben?

Und zusätzlich über 6,2 Millionen Erwachsene, die nicht richtig Deutsch lesen und schreiben können?

Klar ist:

Barrierefreie Websites sind extrem wichtig, um allen Menschen die einwandfreie Nutzung zu ermöglichen.

Sie wollen wissen, ob Sie vom neuen Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) betroffen sind?

Bis wann die Barrierefreiheit umgesetzt sein muss?

Welche Konsequenzen es bei einem Verstoß geben wird?

Wie eine barrierefreie Website ab 2025 aussehen muss?

Und warum es sich auch ohne Pflicht lohnt, Ihre Web-Produkte wie Website oder Web-Apps jetzt barrierefrei zu machen?

Wir liefern Ihnen alle Infos rund um die Pflicht zur Barrierefreiheit im Internet ab 2025.

Das erwartet Sie:

  1. BFSG – Das neue Gesetz im Überblick

  2. Wie setzen Sie Barrierefreiheit im Internet um?

  3. Diese barrierefreie Website haben wir bereits umgesetzt

  4. Welche Unternehmen sind zur Barrierefreiheit verpflichtet?

  5. Gibt es Ausnahmen bei der Verpflichtung?

  6. Bis wann muss die Barrierefreiheit umgesetzt sein?

  7. Wer kontrolliert die Umsetzung zur Barrierefreiheit?

  8. Wie können Sie testen, ob Ihre Website schon jetzt barrierefrei ist?

  9. Fazit – Was müssen Sie sich merken?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) im Überblick

Das BFSG – das gewissermaßen für die Barrierefreiheit-Pflicht ab 2025 verantwortlich ist – ist eine Reaktion auf die EU-Richtlinie des European Accessibility Act (EAA).

Diese Richtlinie legt europaweit einheitliche Regeln zur Barrierefreiheit im Internet fest.

Das BFSG setzt diese Richtlinie in Deutschland nun in nationales Recht um.

Dabei zielt es darauf ab, die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am digitalen Leben zu verbessern oder überhaupt zu ermöglichen.

Betroffen ist eine Vielzahl von Produkten und Dienstleistungen.

Darunter auch Websites für elektronische Leistungen, wie Versicherungen oder Finanzdienstleistungen.

Sie sehen, die Barrierefreiheit ist ein EU-Projekt, dass alle Mitgliedsländer jetzt umsetzen (müssen).

(Konkrete Beispiele, wie eine barrierefreie Website auszusehen hat, liefern wir Ihnen weiter unten.)

Welche rechtlichen Grundlagen gab und gibt es für die Barrierefreiheit im Internet?

Klar, Barrierefreiheit im Internet ist kein neues Thema.

Behörden und öffentliche Verwaltungen zum Beispiel sind schon einige Jahre dazu verpflichtet, ihre Websites barrierefrei zu gestalten.

Und auch wir von disphere haben bereits kleine und große Website-Projekte barrierefrei umgesetzt.

Ab 2025 gelten nun grundsätzlich dieselben Grundlagen, wie auch schon zuvor für den öffentlichen Sektor.

Nur eben bald auch für die private Wirtschaft.

Das BFSG setzt dabei Standards, wie die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und die europäische Norm EN 301 549 durch.

Konkret sind in der WCAG drei Konformitätsstufen (A, AA und AAA) definiert.

  • Stufe A: ein MUSS

  • Stufe AA: ein SOLL

  • Stufe AAA: ein KANN

Die europäische Norm benennt dabei die Stufen A und AA als verbindlich, sowie die Stufe AAA als „höchstmögliches Maß an Barrierefreiheit“.

Was das für Ihre barrierefreie Website bedeutet, haben wir Ihnen schon kompakt zusammengefasst.

Mit konkreten Beispielen und Tipps aus unserer Praxis.

Wie wird Barrierefreiheit im Internet umgesetzt?

In Deutschland leben laut des Statistischen Bundesamtes rund 7,8 Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung (Stand 2022).

Dies entspricht fast 10 % der Bevölkerung.

Um diesen Menschen gerecht zu werden, ist es wichtig, dass Websites den Anforderungen der Barrierefreiheit entsprechen.

Welche Aspekte eine barrierefreie Website aufweisen muss, ist dabei in unterschiedlichen Richtlinien festgelegt.

Wie etwa in:

  • Internationaler Standard: Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

  • Deutsche Verordnung: Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV)

  • Europäische Norm: EN 301 549

Dabei beinhalten alle drei Richtlinien ähnliche Aspekte zur Barrierefreiheit im Internet.

Sie sind also jetzt schon auf der sicheren Seite, wenn Sie Ihre Website auf Basis der BITV oder der WCAG barrierefrei gestaltet haben.

Das ist bisher meistens für Behörden, Ämter, aber auch in größeren Konzernen der Fall.

Wichtig:

BITV umfasst vor allem Anforderungen für öffentliche Stellen des Bundes, wohingegen die WCAG hauptsächlich für die private Wirtschaft relevant sind.

In unserer Checkliste für barrierefreie Websites haben wir Ihnen kompakt die wichtigsten Anforderungen zusammengefasst.

Screenshot der barrierefreien FUTUR21 Website

Diese barrierefreie Website haben wir bereits umgesetzt

Sie wollen sicherlich auch eine barrierefreie Website sehen, die wir schon umgesetzt haben, oder?

Der FUTUR21 – Website-Relaunch

Unser Kunde, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), kam zu uns mit dem Wunsch nach einem Website-Relaunch.

Ein Hauptaugenmerk sollte dabei auf jeden Fall die Barrierefreiheit sein.

Welche Anforderungen haben wir also umgesetzt?

  • vollständige Tastaturbedienbarkeit

  • Deutsche & englische Sprache

  • Funktion für eine einfache Sprache

  • Optimale Kontraste für Farben und Grafiken

  • Eine klare und einfache Website-Struktur, die perfekt von Screenreadern gelesen werden kann

Diese Anforderungen sind typisch für barrierefreie Websites.

Welches CMS haben wir dafür gewählt?

Ganz klar: Statamic.

Warum?

Das CMS bietet viele Funktionen eines Headless-CMS und hat uns in vielerlei Hinsicht überzeugt.

Durch die Headless-Funktionen konnten wir den Relaunch ohne Frontend realisieren.

Das hat die Nutzung auf verschiedenen Plattformen vereinfacht.

Wenn Sie die Futur21 Website selbst erkunden möchten, können Sie gerne einen Blick darauf werfen!

Responsive Design Futur21 barrierefreie Website

Welche Herausforderungen stellen verschiedene Behinderungen beim Internetzugang dar?

Es gibt sehr unterschiedliche Arten von Einschränkungen, die Menschen bei der Nutzung des Internets beeinträchtigen können.

Hier sind einige Beispiele, die Sie bei Ihrer Website oder Web-App auf jeden Fall beachten sollten:

EinschränkungSchwierigkeiten im Internet ...Aspekte für barrierefreie Websites
Motorische Beeinträchtigung... beim Klicken von kleinen Buttons oder beim Tippen auf der Tastaturgroße Buttons, vollständige Bedienung über die Tastatur, Tastaturkürzel für wichtige Funktionen
Visuelle Beeinträchtigung... beim Lesen von Texten oder Erkennen von Grafikenalternative Texte für Bilder, kontrastreiche Farbgestaltung, skalierbare Schriftgrößen für leichtere Lesbarkeit
Auditive Beeinträchtigung... beim Hören von Audioinhalten oder Benachrichtigungen.Untertitel für Videos, Transkriptionen für Audioinhalte, visuelle Hinweise für akustische Signale und Benachrichtigungen
Kognitive Beeinträchtigung... beim Verstehen von komplexen Informationen oder beim Erinnern von Abläufenklare und leichte Sprache, strukturierte und übersichtliche Inhalte, unterstützende Bilder und Grafiken, Vermeidung von übermäßiger Komplexität in Navigation und Interaktion

Wer ist von den neuen Regelungen zur Barrierefreiheit betroffen?

Bevor Sie jetzt alle Hebel in Bewegung setzen:

Das neue BFSG soll grundsätzlich nur Verbraucherinnen und Verbraucher schützen.

Demnach sind nur Unternehmen im B2C-Bereich zur Barrierefreiheit verpflichtet.

Also Dienstleistende mit Endkunden wie Ärztinnen, Friseure etc.

(z.B. wenn Sie Onlinetermin-Buchungen oder Kontaktformulare anbieten.)

Für B2B-Unternehmen gilt:

Es muss eindeutig sein, etwa bei dem Aufruf einer Website, dass sie sich nur an Unternehmen richtet und nicht an Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ihr Unternehmen hat beim letzten Website-Relaunch bereits alle wesentlichen Anforderungen an Barrierefreiheit erfolgreich umgesetzt?

Dann müssen Sie nichts weiter tun.

Allen anderen Unternehmen empfehlen wir bald mit der Überarbeitung zu beginnen.

Übrigens: Keinen Unterschied macht das neue Gesetz bei unterschiedlichen Branchen.

Es sind auch Unternehmen, wie etwa Banken, E-Commerce, Personenbeförderungen oder Mediendienste zur Barrierefreiheit verpflichtet.

Gibt es Ausnahmen bei der Verpflichtung zur Barrierefreiheit?

Ja, die gibt es.

Und zwar sind Kleinstunternehmen vom BFSG ausgenommen.

Dazu zählen der Definition nach Unternehmen, mit weniger als 10 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von maximal 2 Millionen Euro.

Dabei ist es egal, ob Sie Dienstleistungen anbieten, die grundsätzlich für das BFSG relevant sind.

Aber Achtung: Konkret bedeutet das, wenn Sie auch nur ein (!) Kriterium nicht erfüllen (Beschäftigtenanzahl, Jahresumsatz oder -Bilanzsumme), sind Sie nach dem BFSG dazu verpflichtet, Ihren Internetauftritt barrierefrei zu gestalten.

3 Beispiele für B2C-Unternehmen …

  1. 1

    Sie haben 6 Mitarbeitende, einen Jahresumsatz von 1,5 Millionen und eine Jahresbilanzsumme von 1,6 Millionen Euro.

    → Dann sind Sie ab 2025 nicht zur Barrierefreiheit verpflichtet.

    Grund: Sie haben weniger als 10 Mitarbeitende und der Jahresumsatz bzw. die Jahresbilanzsumme liegt unter 2 Millionen.

  2. 2

    Sie haben 10 Mitarbeitende und einen Jahresumsatz von 1,6 Millionen Euro.

    → Dann sind Sie ab 2025 zur Barrierefreiheit verpflichtet.

    Grund: Sie haben mindestens 10 Mitarbeitende.

  3. 3

    Sie haben 5 Mitarbeitende und eine Jahresbilanzsumme von 3 Millionen Euro.

    → Auch Sie sind zur Barrierefreiheit verpflichtet.

    Grund: Die Jahresbilanzsumme ist größer als 2 Millionen Euro.

Zeitplan für die Umsetzung: Wann müssen Websites und Apps barrierefrei sein?

Der Stichtag für die Umsetzung des BFSG ist der 28. Juni 2025.

Ab diesem Datum müssen alle neuen Inhalte auf Websites barrierefrei sein.

Naja, fast.

Denn es gibt eine Übergangsregelung.

Bestehende Inhalte, die VOR diesem Datum veröffentlicht wurden, müssen erst bis Mitte 2030 angepasst werden.

Beachten Sie: Je nach Umfang einer Website kann eine vollständige Website-Erstellung von Konzept bis Veröffentlichung mehrere Monate dauern.

Deshalb planen Sie genügend Zeit ein und lassen Sie Ihre Website frühzeitig anpassen und optimieren.

(Es schadet auch nicht, wenn Ihre Website bereits vor dem Stichtag barrierefrei ist.)

Kontrolle und Durchsetzung der Barrierefreiheit im Internet

Und was, wenn Sie das Thema Barrierefreiheit ab 2025 ignorieren?

In Deutschland liegt die Verantwortung für die Kontrolle und Umsetzung der Barrierefreiheit im Internet bei der Marktüberwachungsbehörden.

Diese Behörden überwachen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und prüfen alle relevanten Dienstleistungen, die zur Barrierefreiheit verpflichtet sind.

Wird ein Verstoß festgestellt, wird das Unternehmen informiert und eine Frist zur Überarbeitung gesetzt.

Kommt das Unternehmen der Anordnung, die Barrierefreiheit wiederherzustellen, nicht nach, droht eine Strafe.

Diese Strafe kann die vorübergehende Einstellung des Geschäftsbetriebs oder ein Bußgeld von bis zu 100.000 € umfassen.

Deshalb sollten Sie sicherstellen, dass Ihre Website oder Ihre Web-App den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Zumindest, solange Sie nach dem BFSG dazu verpflichtet sind.

Barrierefreiheit Test: Ist Ihre Website schon bereit für 2025?

Ob Ihre Website bereits jetzt alle Anforderungen des BFSG entspricht, kann Ihnen ein Test zur Barrierefreiheit beantworten.

Der BITV-Test der Initiative BIK (barrierefrei informieren und kommunizieren), ist hierbei in Deutschland der wichtigste Test.

Er prüft Ihre Website auf alle Anforderungen, die in der BITV definiert sind.

Für den internationalen Raum bietet die Initiative BIK auch einen Test für die Anforderungen nach den WCAG.

Dabei bietet sich der BITV-Test vor allem für öffentliche Einrichtungen, während der Test nach WCAG für private Unternehmen eher relevant ist.

Nach Durchführung einer der beiden Tests erhalten Sie entweder ein Prüfsiegel oder Hinweise zur Optimierung Ihrer Website.

Diese beiden Tests beginnen allerdings bei rund 400 €, je nach dem Umfang und der Komplexität Ihrer Website.

Zwei Mitarbeitende von disphere planen die Strategie für einen Website-Relaunch

Gibt es auch kostenlose Tests?

Gute Nachricht: Ja, die gibt es.

Mit der BITV / WCAG Selbstbewertung der Initiative BIK, werden neben den kostenpflichtigen Tests auch kostenlose Tests angeboten.

Mit dem Test können Sie selbst Ihre Website nach BITV oder WCAG testen und einen ersten Eindruck erhalten, was Sie noch anpassen müssen.

Ein weiterer kostenloser Test ist zum Beispiel der WAVE Accessibility Checker von Webaim.

Der Test prüft Ihre Website auf alle Anforderungen nach WCAG und gibt Ihnen Handlungsempfehlungen bei Unstimmigkeiten.

Wollen Sie eine gründlichere Einschätzung von Expertinnen und Experten, empfiehlt sich aber ein kostenpflichtiger Test.

Fazit: Was müssen Sie sich merken?

Das Wichtigste: der 28. Juni 2025.

Bis dahin muss Ihre Website oder Ihre Web-App (solange Sie nach dem BFSG verpflichtet, also kein reines B2B-Unternehmen oder Kleinstunternehmen, sind) barrierefrei sein.

Haben Sie die Anforderungen nach der BITV oder nach WCAG bereits berücksichtigt, müssen Sie vermutlich kaum oder gar nichts anpassen.

Damit Sie aber keine hohen Strafen riskieren, sollten Sie sich bis zum Stichtag Ihre Website nochmal genau ansehen und gegebenenfalls von Expertinnen und Experten überprüfen lassen.

Und falls Sie Anpassungen vornehmen müssen, dann sprechen Sie rechtzeitig mit Ihrer Agentur.

Denn die Zeit vergeht schnell und Anpassungen oder ein kompletter Relaunch Ihrer Website kann einige Zeit dauern.

Zuletzt aktualisiert:

6. März 2025

Zwei disphere-Mitarbeiter im Gespräch

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Bei disphere haben wir über 17 Jahre Erfahrung bei der Entwicklung von barrierefreien Websites sowie bei der Implementierung von technischen Web- und SEO-Strategien, die die Lead-Generierung und das Ranking von Webseiten stärken.

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Portrait Sabine Härtel Marketing Manager
Autorin
Sabine Härtel, Digitalexpertin

Unsere erfahrene Digitalexpertin Sabine ist seit mehr als 5 Jahren Mitglied des disphere-Teams und hat sich auf die Themen barrierefreie Websites, Corporate Websites und Web-Apps spezialisiert.

Mit einem neugierigen Blick auf die (digitale) Welt saugt Sabine alles auf, was für die Lesenden interessant sein könnte und fuchst sich dabei stets in neue Themen, Strukturen oder Tools ein. Immer mit dem Ziel, die besten und interessantesten Beiträge zu schreiben.